Mikhail Evstafiev (Geboren 1963 in Moskau) hat sein Leben stets zwischen Kunst und härteren Aspekten der Zeitgeschichte geteilt. Er hat seit Kindtagen gemalt, mit Ton gearbeitet und Ölfarben auf Leinwand gemischt – inspiriert von der Arbeit seiner Mutter, Großmutter und seines Urgroßvaters, alles russische Bildhauer. Daneben ist er ein herausragender Schriftsteller, Photograph und erfolgreicher Journalist. Nachdem er in den achtziger Jahren als Offizier in Afghanistan war, publizierte er den Roman „Zwei Schritte vom Himmel“ über seine Kriegserfahrungen. Seine journalistische Arbeit seither war auf dunklere Perspektiven der Geschichte fokussiert: für renommierte internationale Nachrichtenagenturen arbeitete er an verschiedenen Krisenherden der Welt, insbesondere an der gesamten geopolitischen Bruchlinie nach dem Zusammenbruch des ehemaligen Jugoslawien und der Sowjetunion, von Bosnien über den Kaukasus, Tschetschenien bis Zentralasien. Seit 2003 lebt er in Wien. Seine Malerei und Fotografien wurden weltweit ausgestellt, u.a. im Kreml, in der Manezh Messehalle und im Moskauer Künstlerhaus; in der Wiener Hofburg, und in der Grand Central Station in New York. Seine Arbeiten finden sich in Privatsammlungen in Großbritannien, Frankreich, Österreich, Polen, Russland und den Vereinigten Staaten.
Wiener Zeitung 23 Feb 2008
Die allgemeine Meinung herauszufordern war stets Teil meiner Natur. Es ging weniger darum, Nein zu sagen, als um den Drang nach einer neuen Lösung - es nach meiner Art zu tun. Ich glaube, das trifft auch auf meine Malerei zu. Der Drang zu widersprechen hat mit geholfen, die Vorstellung von Perfektion, Stil, Farbe, Technik und Komposition klassischer Malerei in Frage zu stellen, um nach einer anderen Art Kunst zu streben – abstrakt, aber erkennbar, mit ausgeprägten Gefühlen, eine Kunst, die flüchtigen Ausdruck, Energie und Gedanken nährt, und die Konturen mit intensiven Emotionen verbindet. Mein Leben in Wien war voll auf Leinwand gebrachter Selbstfindung, neuer Gefühle, Gedanken und persönlicher Deutung. Vollendete Malerei ist eingefrorene Bewegung – wobei die ganze Kraft der Energie möglichst voll erhalten bleibt. Wenn ich die in meinem Geist geborenen Farben und Umrisse auf eine Leinwand übertrage, unterscheidet sich das Endergebnis stets vom ursprünglichen Konzept, als ob der Rebell in mir einen Kampf austrägt. Die Hundertschaften an Kratzern, Linien sind wie eine ständige, ruhelose Generierung von Gedanken, jeder über den vorangehenden gebahnt. Der Prozess des Entwerfens ist manchmal wichtiger als das Endergebnis. So wie die Reise selbst wichtiger als die Erinnerung der Zeit der Reise ist.